3/04/2012

Infinitas - Journey to Infinity [2012 | German Review]


Infinitas - Journey to Infinity
" „Journey to Infinity“ handelt von der täglichen Irrfahrt durch die Höhen und Tiefen menschlichen Seins und Nicht-seins. Dem Verlust und der Neugewinnung. So sucht man Schutz in vertrauten Gemäuern, versucht sich anzupassen und sich mit der Bedeutungslosigkeit der Gesellschaft abzufinden. Zu viele verlieren sich selbst in dieser seelenlosen Welt...
Dabei reicht ein Blick in die Ferne, in die Weiten des Himmelszelts, das sich still und leis und so gedankenvoll über uns erstreckt - voll Trauer über unsere Ignoranz! Wer willig ist, zu sehen, dem zeigt sich eine neue Welt, ein neuer Morgen, der Sinn des Lebens.

Es ist eine Reise durch Schluchten und Höhen, durch Liebe und Hass und zum eigenen Selbst, das die meisten nicht einmal kennen! Jeder Tag bringt eine neue Entdeckung, enthüllt eine neue Facette und leitet uns näher zur Unendlichkeit. Denn das ist es, was alles Leben begehrt - dem Ewigen Fallen und Vergessen zu entfliehen - zu Existieren, wenn die Seele den Körper längst verlassen hat...
"

Mit diesen Zeilen begrüßt das Booklet von "Journey to Infinity", der ersten Langrille der Deutschen INFINITAS, den geneigten Hörer - in Zeiten, derer sich Künstler hinsichtlich einer Interpretationsmöglichkeit des vorgestellten Materials gerne in Schweigen hüllen und an die Phantasie des Hörers appellieren, ein durchaus sympathischer Anfang; zumal er, betrachtet man das Artwork, nicht ganz unberechtigt ist. Doch, soviel sei vorweg genommen, auch wenn das stilvolle Artwork einen "spacig-urbanen" Eindruck vermittelt, ist die Reise zur Unendlichkeit kein Ambient-Black Metal im herkömmlichen Sinn.


ZDE - lyrics, artwork, design, female vocals | F.K. - session drums




Vielmehr wird die Reise zur Unendlichkeit von einem Sammelsurium aus Einflüssen getragen, welche, vom Grundgerüst Post-Black Metal ausgehend, von Ambient, Post-Rock, Shoegaze bishin zu vereinzelten jazzigen Momenten führen. Bei diesen Schlagworten denken viele unweigerlich an einen weiteren ALCEST-, LANTLôS-, HERETOIR- oder [hier bekannte Post-Black Metal-Kapelle einfügen]-Klon, was der Arbeit der Herren Thorn, F.K. sowie der zur weiblichen Zunft gehörenden ZDE in keinster Weise gerecht wird. 

Einzig die Vocals bieten Anlass für etwaige Vergleichsmomente zu BONJOUR TRISTESSE, sind letztlich - von der hoffnungslos-triefenden Grundhaltung abgesehen - aber auch dafür zu differenziert, zu variabel und können somit bestenfalls als Inspirationspunkt angesehen werden, was sich nicht zuletzt durch den Einsatz temporären Cleangesangs, der im Übrigen hervorragend greift, äußert. Ebenso erfreulich ist der Einsatz reeller Drums, welcher schon auf der Debut-EP "Ardeur", auf der noch N. von SHROUD OF DISTRESS die Stöcke in der Hand hielt, positiv auffiel und dessen organischer Klang nun auch maßgeblich zur Vollkommenheit des aktuellen Werks beiträgt. Ähnlich dem Gesang ist auch das Spiel des neuen (Session-)Drummers F.K. zwar variabel, jedoch vornehmlich im Mid-Tempo-Bereich angesiedelt, aus welchem gelegentlich ausgebrochen wird.
Hinsichtlich der textlichen Gestaltung werden die, die es wollen, sicherlich diverse Parallelen zu anderen Vertretern des Genres ziehen können, befassen sie sich doch in erster Linie mit vertrautem Gut. Doch auch wenn das Rad hier nicht zwingend neu erfunden wird, gebührt diesem von Vielen vernachlässigter Bereich der Musik ein Maß an Anerkennung, welches das Maß etwaiger anderer Künstler übersteigt.

Thorn - all guitars, bass, synths, vocals
Im Allgemeinen überwiegt der Anteil positiver Aspekte deutlich, das Album wächst mit jedem Durchgang weiter - obwohl es bereits bei der ersten Rotation mächtig Eindruck hinterlassen hat. Der einzige Kritikpunkt meinerseits betrifft den Ambient-Teil des Albums, das jeoch aus rein persönlichen Vorlieben. Handwerklich sind die Stücke, die der Einleitung und dem Artwork entsprechen, vollkommen solide und geschickt platziert; auch ist der Umstand, dass sie einen mehr oder minder eigenen (musikalischen) Bereich darstellen, für mich selbst ein nachhaltig wichtiger Punkt. Einzig das Warmwerden mit der Art der Musik als solcher mag nicht so recht funktionieren. Das muss es allerdings auch nicht nötigerweise bei einem Album, bei dem der gitarrenlastige Teil so gut ist, dass der Rest, ohne ihn abwerten zu wollen, problemlos beiseite geschoben werden kann. Zum Einen funktionieren die Stücke auch einzeln allesamt gut, zum Anderen geht der konzipiert-rote Faden nicht vollends verloren, lässt man sie außenvor.

Cover der Special Edition
Somit bleibt unter dem Strich ein (voller) Erstling, der abzüglich der Ambient-Momente auf ganzer Linie überzeugt und viele Post-Black Metal-Sympathisanten ansprechen wird. Ich jedenfalls rate jedem, der die vorab veröffentlichten Songs "Ein Paradies das ich fand" (welches gar so gut ist, dass ich über den Interpunktions-Fauxpas hinwegsehen mag) und "Hinter grauen Wänden" bereits toll fand sowie jedem, der an "Ardeur" seine Freude hatte oder einfach nur offen für das Genre ist, sich diese Platte, welche übrigens auch in einer A5-Special Edition samt "special gift" zu haben ist, zu beschaffen. Die Vorabveröffentlichungen sind nicht mehr als ein kurzer Einblick in die Grandiosität des Albums, ebenso ist "Journey to Infinity" stimmiger, kohärenter und reifer als sein Vorgänger. Erfährt das Werk genügend Promotion und Support bin ich überzeugt, dass INFINITAS' Reise(n) noch andauern werden und man längerfristig betrachtet zu mehr als einem Insider-Tipp wachsen wird. Schafft man es diese Qualität beizubehalten, wird auf Kurz oder Lang kein Weg mehr an INFINITAS vorbeiführen, möchte man beispielsweise Interessierten Anspieltipps aus genanntem Genre übermitteln.

9,5/10


- Dysfunktion -

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